Laidlaw - Kriminalroman by Verlag Antje Kunstmann

Laidlaw - Kriminalroman by Verlag Antje Kunstmann

Autor:Verlag Antje Kunstmann [Kunstmann, Verlag Antje]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783888979842
veröffentlicht: 2014-11-06T05:00:00+00:00


27

MACLAUGHLANS WAR EIN KLEINES Familienunternehmen in der York Street. Wohin man sah, kahle Wände und verstaubte blinde Fenster. Oben befand sich ein großer Gemeinschaftsraum, der als Kantine diente, eine Umkleide und ein offener Raucherbereich. Hier warteten Laidlaw und Harkness jetzt zwischen öligen Jacken, dem Geruch von Druckerschwärze und benutzten tanninbraun verfärbten Teebechern.

Ein kleiner Mann im Overall kam herein.

»Guten Tag, meine Damen und Herren.«

Ein Varietekünstler hätte sein Publikum genauso begrüßt. Spontanes Theater. Er sah danach aus. Der Overall wirkte wie für jemand anders gemacht, als sei der Mann für den eigentlichen Besitzer eingesprungen. Die Originalfarbe war längst ausgewaschen und der Anzug war mit Ölflecken unterschiedlichster Intensität übersät, eine Collage seiner Vergangenheit. Die Kapuze blieb ihm wie durch ein Wunder am Hinterkopf haften. Im Gesicht zeigten sich geplatzte Whisky-Äderchen.

»Schnell noch vor Feierabend eine rauchen. Mir schmecken die Kippen nur in meiner Arbeitszeit.«

Er zog ein Bein seines Overalls hoch und kramte in der Seitentasche. Zum Vorschein kam ein ölverschmierter Zigarettenstummel. Er wischte ein paar Fusseln ab und zündete ihn an.

»Als würde man TNT rauchen«, nuschelte Laidlaw Harkness zu.

»Zugereist, oder? Hört mal, ich hab eine Geschichte für euch. Seht ihr die Druckerpresse da?«

Er zeigte auf einen großen begehbaren Schrank mit offener Tür.

»Ist eine wahre Geschichte. Nicht von letzter Woche, sondern von der Woche davor. Big Aly Simpson. Arbeitet hier. Verlegt gerne mal ein Rohr, wenn ihr versteht, was ich meine? Mir ist ja ein ordentliches Essen lieber. Aber egal, keiner ist perfekt. Mittagspause. Der Gong. Ran an die Töpfe. Nur Big Aly und Jinty nicht. Jinty ist ein großes Mädchen, arbeitet an einer der Maschinen. Na ja, so groß ist sie gar nicht, aber für mich sind alle groß. Bin mal vom Bordstein gefallen und hab mir ein Bein gebrochen. Jedenfalls ist Jinty dabei und die beiden warten in der Kantine hier und schließen ab. Wollen gerade loslegen, als sie hören, dass jemand versucht, die Tür aufzumachen. Dann hören sie Stimmen, die was von einem Schlüssel erzählen. Jetzt packt sie die Panik. Big Aly ist ein verheirateter Mann. Glaubt aber, alle anderen könnten nicht bis drei zählen. Also versteckt er sich in der Druckerpresse da. Jinty zupft sich die Klamotten zurecht und gähnt. Macht die Tür auf. ›Muss wohl eingeschlafen sein‹, sagt sie und blinzelt wie Schneewittchen. Wullie Anderson kommt rein. Was glaubst du, worauf er schnurstracks zusteuert? Die Druckerpresse natürlich. Will einen neuen Bürstenkopf holen. Macht die Tür auf. Und da steht Big Aly. Steht da wie Graf Dracula. Man sollte es nicht glauben. Und wisst ihr, was Big Aly sagt? Cool wie sonst was. ›Hält hier der Bus nach Maryhill?‹ Und das ist die Wahrheit.«

Während der kleine Mann lautlos lachte, sagte Laidlaw zu Harkness: »Das liebe ich so an Glasgow. Das ist hier keine Stadt, das ist permanentes Kabarett.«

Als der Vorarbeiter mit Sarah hereinkam, trat der kleine Mann seine Zigarette aus und verschwand schnell in dem Raum mit der Druckerpresse. Kurz tauchte er noch mal mit ein paar Lappen in der Hand auf und sagte: »Ich mach schnell vor Feierabend noch die Maschinen sauber, Charlie.



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